Schneller zur richtigen Entscheidung

Folge #1: Nutzwertanalyse

Jeder von uns kennt die Situation: Wir müssen eine Entscheidung treffen, aber die Auswahl fällt uns schwer. Sie entwickeln beispielsweise ein neues Produkt und weil es viele gleichwertige Alternativen gibt, können Sie sich nicht für den richtigen Kunststoff-Compound entscheiden. Laut dem Münchner Hirnforscher und Psychologen Ernst Pöppel trifft jeder Mensch täglich im Durchschnitt 20.000 Entscheidungen – viele davon ganz unbemerkt in Sekundenbruchteilen. Je komplexer und wichtiger aber eine Entscheidung wird, desto mehr Zeit, Kraft und Energie investieren wir. In dieser und den kommenden Ausgaben des Kuraray Online Magazine stellen wir Ihnen Werkzeuge vor, wie Sie für sich oder gemeinsam mit Ihrem Team schneller zu besseren Entscheidungen kommen – dieses Mal die Nutzwertanalyse.

Das Risiko der ungewissen Zukunft

Warum fallen uns manche Entscheidungen schwerer als andere? Der US-amerikanische Star-Investor Warren Buffet hat einmal gesagt: „Wer Angst vor Fehlern hat, kann keine Entscheidungen treffen.“ Die Aussage benennt einen wichtigen Punkt, denn all unsere Entscheidungen beziehen sich auf Entwicklungen in der Zukunft – und die können wir in den seltensten Fällen verlässlich voraussagen. Jede Entscheidung ist deshalb mit Unsicherheiten verbunden. Um unsere Risiken zu minimieren, versuchen wir daher zunächst, uns ein möglichst klares Bild zu machen, mit dem wir auf künftige Entwicklungen schließen können. Wir nutzen unser Wissen und unsere Erfahrungen und sammeln Informationen aus unserer Umwelt. Bei der Auswahl des richtigen Kunststoff-Werkstoffs lesen Sie gegebenenfalls Fachmagazine, informieren sich bei Ihren Lieferanten und schauen sich an, welche neue Materialien Ihre Mitbewerber nutzen.

„Gerade, wenn es um Innovationen geht, ist es oft gar nicht so einfach, sich eine gute Wissensgrundlage für eine Entscheidung zu schaffen“, sagt Johanna Krauthauf, Head of Business Transformation & Marketing bei Kuraray. „Ein gutes Beispiel: Die Geschäftsführung bei Kuraray stellt jedes Jahr ein Budget für innovative Projekte zur Verfügung. Kolleginnen und Kollegen, die eine Idee haben, können sich bewerben und Ihren Vorschlag dann präsentieren. Die Ideen sind so gut, dass die Auswahl oft richtig schwierig ist – auch, weil sich viele Faktoren schwer abschätzen oder mit Kennzahlen abbilden lassen. Für Entscheidungen wie diese ist die Nutzwertanalyse ein hilfreiches Tool.“

Brücke schlagen zwischen Intuition und Rationalität

Die Nutzwertanalyse eignet sich besonders für sehr komplexe Entscheidungen. Ein Vorteil dabei: In die Analyse können nicht nur quantitative, sondern auch weiche, qualitative Faktoren einfließen – von individuellen Werten bis hin zu Intuition und Bauchgefühl. Wenn Sie sich also zwischen zwei gleichwertigen Innovationsprojekten in Ihrem Unternehmen entscheiden müssen, definieren Sie zunächst Kriterien, also beispielsweise wie gut das Projekt zu den langfristigen Zielen Ihres Unternehmens passt – oder welchen konkreten Nutzen es für Sie und Ihre Kunden bringt. Anschließend gewichten Sie die einzelnen Kriterien nach ihrer Relevanz. So erhalten Sie ein klares Ergebnis, das Ihnen die Entscheidung im besten Fall erleichtert. Den genauen Ablauf der Nutzwertanalyse haben wir in der nachfolgenden Infobox für Sie zusammengefasst.

„An der Nutzwertanalyse schätzen wir in unserem Team, dass sich sowohl harte als auch weiche Faktoren wie unser Bauchgefühl einbeziehen lassen“, sagt Daniela Niemeyer, Specialist Organizational Development. „Genau das ist aber auch die Herausforderung, wenn wir beispielsweise mit anderen Teams in größeren Gruppen zusammenarbeiten. Die Auswahl und Gewichtung der Kriterien sind sehr subjektiv. Das macht es manchmal schwierig, eine einheitliche Auswertung zu definieren, die jedem aus unserer Gruppe gerecht wird.“


Ablauf der Nutzwertanalyse: 

Die Nutzwertanalyse ist ein Tool, das komplexe Entscheidungen ermöglicht, für die nur wenige belastbare Informationen vorliegen. Folgendermaßen könnte Sie die Nutzwertanalyse beispielsweise bei der Auswahl eines Innovationsprojektes unterstützen, das Sie in Ihrem Unternehmen vorantreiben möchten:

1. Welches Ziel wollen wir erreichen? Wir wollen das Thema Nachhaltigkeit in unserem Unternehmen stärken. 

2. Welche Entscheidung ist dafür notwendig? Wir haben vier Innovationsprojekte, die unser Unternehmen im Bereich Nachhaltigkeit voranbringen könnten. Mit dem zur Verfügung stehenden Budget können wir ein Projekt fördern.

3. Kriterien für die Auswahl einer Alternative definieren: 

Sie legen fest, welche quantitativen, qualitativen und K.o.-Kriterien für Sie eine Rolle spielen z.B.:

  • Quantitative Kriterien: Das Innovationsprojekt soll unsere CO2-Bilanz um 10 Prozent verbessern. 
  • Qualitative Kriterien: Das Innovationsprojekt zahlt positiv auf unser Image ein.
  • K.o.-Kriterien: Das Innovationsprojekt darf keinen negativen Einfluss auf die Produktionskapazität haben.

4. Tabelle anlegen: Wählen Sie die fünf wichtigsten Kriterien aus. 

Jedes Kriterium erhält eine eigene Spalte und jedes Innovationsprojekt, das zur Auswahl steht, eine Zeile. Gehen Sie nun nach folgenden vier Schritten vor: 

  1. Bewerten Sie zunächst auf einer Skala von 1 bis 10, inwiefern die verschiedenen Projekte die einzelnen Kriterien erfüllen (Erfüllungsgrad).
  2. Gewichten Sie die einzelnen Kriterien, indem Sie 100 Prozentpunkte auf die verschiedenen Kriterien verteilen. Eigenschaften, die Ihnen bei der Auswahl des Projekts besonders wichtig sind, erhalten mehr Prozentpunkte, weniger wichtige erhalten weniger Punkte.
  3. Multiplizieren Sie den Erfüllungsgrad mit der Gewichtung des jeweiligen Kriteriums.
  4. Addieren Sie die Punkte für jedes Innovationsprojekt, das zur Auswahl steht. Habe Sie die Kriterien gut gewählt, erkennen Sie nun eine klare Tendenz, welches Projekt Sie bei der Wahl bevorzugen sollten.


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